Geschichte


Der Gornergrat ist ein idealer Stand­­­ort für er­­folg­­­reiche For­­schung im Be­­­reich der Astro­­­nomie und der Astro­­­physik. Die un­­­berührte hoch­­­alpine Um­­­gebung auf 3’150 m ü.M., die ganz­­­jährige Er­­­reich­­­bar­­­keit durch die Gornergrat Bahn und die aus­­­ge­­­zeichnete Infra­­­struktur bieten best­­­mögliche Ver­­­hält­nisse.


Die Eroberung des Alpen­raums

Horace Bénédict de Saussure. (Les Alpinistes célèbres, Henry de Ségogne, Editions Mazenod 1956)

Horace Bénédict de Saussure. (Les Alpinistes célèbres, Henry de Ségogne, Editions Mazenod 1956)

Das Hoch­­­gebirge war lange Zeit nur einer Minder­­­heit zu­­­gäng­­lich, da es noch keine an­­­ge­­­messene Aus­­­rüstung für die Er­­­forschung und das Über­­­leben im Hoch­­­gebirge gab. All­­gemein wird die Be­­­steigung des Mont Blanc von Horace Bénédict de Saussure im Jahr 1787 als der Be­­ginn der touris­­­tischen und wissen­­­schaft­­­lichen Er­­­kundung der Alpen an­­­ge­sehen (siehe Bild). Der Um­­­fang seiner meteo­ro­­­lo­­gischen, physischen und geo­­­logischen Beo­­­bach­tungen machten de Saussure zum Pioneer der alpinen For­­schung. Aber erst Mitte des 19. Jahr­­­hunderts haben Forscher schluss­­endlich das Hoch­­­gebirge erobert. Louis Agassiz, der später Professor an der Harvard Uni­­ver­­sität in den USA wurde und der Be­­­gründer der damals sehr kontro­­­versen Gletscher­­­theorie war, führte von 1838-1841 wissen­­­schaft­­liche Expe­­ditionen im Ge­­biet des Unteraar- und Aletsch­­­gletschers durch.

 

 

 


Die Gornergrat Bahn und das Kulmhotel

Kulmhotel Gornergrat

Das Kulmhotel Gornergrat zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Die um­­fang­­­reiche und er­­folg­­­reiche wissen­­­schaft­­liche Aktivität auf dem Gornergrat ist eine un­­­mittel­­­bare Folge des ver­­ein­fachten Zugangs durch die Gornergrat Bahn.

Nach zwei Jahren Bau­­­zeit wurde die Bahn zum Gornergrat, die erste elekt­­­rische Zahn­­­rad­­­bahn der Schweiz, am 20. August 1898 in Betrieb ge­­­nommen. Dank Tat­­kraft und Pionier­­­geist wurde eine einzig­­­artige Touristen­­­attraktion er­­­schaffen und die mysteriöse Welt der Alpen allen zu­­­gäng­­lich ge­­­macht.

Schon 1896 wurde von Joseph Perren und Joseph Biner das frühere Hotel Belvédère auf dem Gornergrat ge­­baut, welches die beiden der Ge­­­meinde Zermatt betriebs­­­fertig zum Preis von 23’000 Schweizer Franken ver­­­kauften. Als zwei Jahre später die Zahn­­­rad­­­bahn den Gornergrat zum ersten Mal er­­­reichte, stieg der Touristen­­­strom rasant. Die Gemeinde Zermatt er­­­kannte die Be­­­deutung des Gornergrats als Touristen­­­ort sehr schnell und er­­­baute in einem Zeit­­­raum von zehn Jahren (1897-1907) das Kulmhotel Gornergrat. Zu dieser Zeit be­­­liefen sich die Bau­­­kosten auf ca. eine halbe Million Schweizer Franken.

 


Die Hochalpine Forschungsstation Gornergrat

Durch die Höhe von 3’135 m ü.M., die saubere, trockene Luft und die güns­­tigen meteoro­­­lo­­gischen Be­­­dingungen ist der Gornergrat ein idealer Stand­­­ort für astro­­­nomische Beo­­­bachtungen. Nach 1950, als sich die For­­schung im Ge­­biet der Astro­­­nomie ver­­­stärkte, be­­­standen sogar Pläne, auf dem Gornergrat ein nationales Obser­­­vatorium zu er­­richten. Diese wurden jedoch nie ver­­­wirk­­licht, da die Schweiz 1981 dem European Southern Observatory (ESO) bei­­trat.

Gornergrat_Ancienne_Coupole_1970_1

Das Kulmhotel Gornergrat mit den zwei astronomischen Kuppeln in den 1970er Jahren.

In den späten 1960er Jahren wurden in den zwei Türmen des Kulmhotel Gornergrat die astro­­­nomischen Obser­­­vatorien er­­­richtet. Die Räum­­lich­­­keiten werden heute der Stiftung von der Burger­­­gemeinde Zermatt, einem Mit­­glied der Stiftung HFSJG, zur Ver­­­fügung ge­­­stellt. Der Nord­­­turm beinhaltet eine 7.5 m Kuppel und ein Labor. Der Süd­­­turm wurde von 1984 – 2010 von der Uni­­ver­­sität Köln, Deutschland, ge­­­nutzt. Er beinhaltet eine 7.5 m Kuppel, einen Computer­­­raum, eine Werk­­­statt, ein Schlaf­­­zimmer, eine Küche und ein Bade­­­zimmer. Das I. Physi­­ka­­lische Institut der Uni­­ver­­sität zu Köln installierte ein hoch­­­technisiertes 3 m Radio­­teleskop.

Beide Obser­­vatorien stehen auch Gast­­­forschern zur Ver­­­fügung.

Zu­­sätzlich zu den zwei Obser­­vatorien, unter­­hielt das Physi­­ka­­lische Institut der Uni­­ver­­sität Bern von 1998 bis 2017 einen Labor­­­container zur Messung von solaren Neutronen auf der Belvédère-Terrasse. Diese Mess­­­apparatur wurde in Zu­­sammen­­­arbeit mit dem Solar-Terrestrial Environment Laboratory der Nagoya Universität, Japan, installiert und war der europäische Grund­­­pfeiler eines welt­­­weiten Netz­­­werkes von solaren Neutronen­­­detektoren.

 

Forschungshöhepunkte

1966/67Bau eines Sonnenobservatoriums auf dem Nordturm des Kulmhotels durch das Astronomische Institut der Universität Oxford (Prof. D.E. Blackwell).
1966/67Bau eines astronomischen Observatoriums auf dem Südturm des Kulmhotels durch das ‘Centre National Français de la Recherche Scientifique’ (CNRS) und das ‘Observatoire de Genève’ (Proff. J. Lequeux and M. Golay). Die astronomische Kuppel sowie das 40 cm Teleskop waren zuvor auf dem Jungfraujoch installiert.
Die Verwaltung der zwei Observatorien auf dem Gornergrat übernimmt die Internationale Stiftung Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch.
1973Prof. D.E. Blackwell muss wegen finanziellen Problemen seine Sonnenbeobachtungen aufgeben. Um den Gornergrat als Standort für Astronomen zu erhalten, übernimmt die Internationale Stiftung Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch die zwei Observatorien Gornergrat Nord und Gornergrat Süd. Dementsprechend wird der Name der Stiftung in ‚Internationale Stiftung Hochalpine Forschungsstationen Jungfraujoch und Gornergrat‘ (HFSJG) abgeändert.
1974Italien, vertreten durch das ‘Consiglio Nazionale delle Richerche’, wird Mitglied der Stiftung.
1974/75Das französische ‚Institut National d’Astronomie et de Géophysique‘, das ‚Observatoire de Lyon‘, und das ‚Observatoire de Genève‘ errichten eine neue 7.5 m Kuppel auf dem Südtürm und das ‚Observatoire de Lyon‘ installiert das 1 m Teleskop ‚Marly‘.
1974/75Das Observatorium Gornergrat Nord wird an das italienische ‘Consiglio Nazionale delle Richerche’ untervermietet.
1975/76Bau einer neuen 7.5 m Kuppel auf dem Nordturm.
1979Das italienische ‘Consiglio Nazionale delle Richerche’ installiert ein 1.5 m Teleskop in der Nordkuppel. Das INAF, Istituto di Radioastronomia, sezione di Firenze, benutzt das Teleskop für ihr TIRGO-Projekt (Telescopio InfraRosso del GOrnergrat).
1979Die Gornergrat-Monte Rosa Bahn wird Mitglied der Internationalen Stiftung Hochalpine Forschungsstationen Jungfraujoch und Gornergrat.
1985Das 1 m Teleskop ‚Marly‘ wird deinstalliert und nach Lyon zurück transportiert.
1986Das ‚I. Physikalische Institut der Universität zu Köln‘ errichtet eine neue Kuppel auf dem Südturm und installiert ein 3 m Radioteleskop (KOSMA für Kölner Observatorium für SubMillimeter Astronomie).
1991Die Burgergemeinde Zermatt wird offiziell Mitglied der Internationalen Stiftung Hochalpine Forschungsstationen Jungfraujoch und Gornergrat.
1996Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert einen neuen Reflektor für das 3 m Teleskop im Südturm für Wellenlängen ≤ 600 μm des Submillimeterbereichs. Die Oberflächengenauigkeit von 20 μm RMS des Reflektors erlaubt Beobachtungen im Frequenzbereich bis zu 900 GHz.
1998Installation eines Detektors für solare Neutronen in einem Container-Labor auf der Belvédère Terrasse (Physikalisches Institut, Universität Bern und Solar-Terrestrial Environment Laboratory, Nagoya University, Japan).
2001SMART, der weltweit erste dual Submillimeter SIS Empfänger, wird am KOSMA Teleskop in Betrieb genommen.
2005Die Burgergemeinde Zermatt und die Gornergrat Bahn veranlassen die komplette Sanierung der Gebäude auf dem Gornergrat, um den Standort sowohl für Touristen wie auch für die Forschung attraktiver zu machen.
TIRGO-Projekt endet.
2010Das KOSMA-Projekt (Kölner Observatorium für Submm-Astronomie) endet.