Der Gornergrat ist ein idealer Standort für erfolgreiche Forschung im Bereich der Astronomie und der Astrophysik. Die unberührte hochalpine Umgebung auf 3’150 m ü.M., die ganzjährige Erreichbarkeit durch die Gornergrat Bahn und die ausgezeichnete Infrastruktur bieten bestmögliche Verhältnisse.
Die Eroberung des Alpenraums
Das Hochgebirge war lange Zeit nur einer Minderheit zugänglich, da es noch keine angemessene Ausrüstung für die Erforschung und das Überleben im Hochgebirge gab. Allgemein wird die Besteigung des Mont Blanc von Horace Bénédict de Saussure im Jahr 1787 als der Beginn der touristischen und wissenschaftlichen Erkundung der Alpen angesehen (siehe Bild). Der Umfang seiner meteorologischen, physischen und geologischen Beobachtungen machten de Saussure zum Pioneer der alpinen Forschung. Aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts haben Forscher schlussendlich das Hochgebirge erobert. Louis Agassiz, der später Professor an der Harvard Universität in den USA wurde und der Begründer der damals sehr kontroversen Gletschertheorie war, führte von 1838-1841 wissenschaftliche Expeditionen im Gebiet des Unteraar- und Aletschgletschers durch.
Die Gornergrat Bahn und das Kulmhotel
Die umfangreiche und erfolgreiche wissenschaftliche Aktivität auf dem Gornergrat ist eine unmittelbare Folge des vereinfachten Zugangs durch die Gornergrat Bahn.
Nach zwei Jahren Bauzeit wurde die Bahn zum Gornergrat, die erste elektrische Zahnradbahn der Schweiz, am 20. August 1898 in Betrieb genommen. Dank Tatkraft und Pioniergeist wurde eine einzigartige Touristenattraktion erschaffen und die mysteriöse Welt der Alpen allen zugänglich gemacht.
Schon 1896 wurde von Joseph Perren und Joseph Biner das frühere Hotel Belvédère auf dem Gornergrat gebaut, welches die beiden der Gemeinde Zermatt betriebsfertig zum Preis von 23’000 Schweizer Franken verkauften. Als zwei Jahre später die Zahnradbahn den Gornergrat zum ersten Mal erreichte, stieg der Touristenstrom rasant. Die Gemeinde Zermatt erkannte die Bedeutung des Gornergrats als Touristenort sehr schnell und erbaute in einem Zeitraum von zehn Jahren (1897-1907) das Kulmhotel Gornergrat. Zu dieser Zeit beliefen sich die Baukosten auf ca. eine halbe Million Schweizer Franken.
Die Hochalpine Forschungsstation Gornergrat
Durch die Höhe von 3’135 m ü.M., die saubere, trockene Luft und die günstigen meteorologischen Bedingungen ist der Gornergrat ein idealer Standort für astronomische Beobachtungen. Nach 1950, als sich die Forschung im Gebiet der Astronomie verstärkte, bestanden sogar Pläne, auf dem Gornergrat ein nationales Observatorium zu errichten. Diese wurden jedoch nie verwirklicht, da die Schweiz 1981 dem European Southern Observatory (ESO) beitrat.
In den späten 1960er Jahren wurden in den zwei Türmen des Kulmhotel Gornergrat die astronomischen Observatorien errichtet. Die Räumlichkeiten werden heute der Stiftung von der Burgergemeinde Zermatt, einem Mitglied der Stiftung HFSJG, zur Verfügung gestellt. Der Nordturm beinhaltet eine 7.5 m Kuppel und ein Labor. Der Südturm wurde von 1984 – 2010 von der Universität Köln, Deutschland, genutzt. Er beinhaltet eine 7.5 m Kuppel, einen Computerraum, eine Werkstatt, ein Schlafzimmer, eine Küche und ein Badezimmer. Das I. Physikalische Institut der Universität zu Köln installierte ein hochtechnisiertes 3 m Radioteleskop.
Beide Observatorien stehen auch Gastforschern zur Verfügung.
Zusätzlich zu den zwei Observatorien, unterhielt das Physikalische Institut der Universität Bern von 1998 bis 2017 einen Laborcontainer zur Messung von solaren Neutronen auf der Belvédère-Terrasse. Diese Messapparatur wurde in Zusammenarbeit mit dem Solar-Terrestrial Environment Laboratory der Nagoya Universität, Japan, installiert und war der europäische Grundpfeiler eines weltweiten Netzwerkes von solaren Neutronendetektoren.
Forschungshöhepunkte
1966/67 | Bau eines Sonnenobservatoriums auf dem Nordturm des Kulmhotels durch das Astronomische Institut der Universität Oxford (Prof. D.E. Blackwell). |
1966/67 | Bau eines astronomischen Observatoriums auf dem Südturm des Kulmhotels durch das ‘Centre National Français de la Recherche Scientifique’ (CNRS) und das ‘Observatoire de Genève’ (Proff. J. Lequeux and M. Golay). Die astronomische Kuppel sowie das 40 cm Teleskop waren zuvor auf dem Jungfraujoch installiert. Die Verwaltung der zwei Observatorien auf dem Gornergrat übernimmt die Internationale Stiftung Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch. |
1973 | Prof. D.E. Blackwell muss wegen finanziellen Problemen seine Sonnenbeobachtungen aufgeben. Um den Gornergrat als Standort für Astronomen zu erhalten, übernimmt die Internationale Stiftung Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch die zwei Observatorien Gornergrat Nord und Gornergrat Süd. Dementsprechend wird der Name der Stiftung in ‚Internationale Stiftung Hochalpine Forschungsstationen Jungfraujoch und Gornergrat‘ (HFSJG) abgeändert. |
1974 | Italien, vertreten durch das ‘Consiglio Nazionale delle Richerche’, wird Mitglied der Stiftung. |
1974/75 | Das französische ‚Institut National d’Astronomie et de Géophysique‘, das ‚Observatoire de Lyon‘, und das ‚Observatoire de Genève‘ errichten eine neue 7.5 m Kuppel auf dem Südtürm und das ‚Observatoire de Lyon‘ installiert das 1 m Teleskop ‚Marly‘. |
1974/75 | Das Observatorium Gornergrat Nord wird an das italienische ‘Consiglio Nazionale delle Richerche’ untervermietet. |
1975/76 | Bau einer neuen 7.5 m Kuppel auf dem Nordturm. |
1979 | Das italienische ‘Consiglio Nazionale delle Richerche’ installiert ein 1.5 m Teleskop in der Nordkuppel. Das INAF, Istituto di Radioastronomia, sezione di Firenze, benutzt das Teleskop für ihr TIRGO-Projekt (Telescopio InfraRosso del GOrnergrat). |
1979 | Die Gornergrat-Monte Rosa Bahn wird Mitglied der Internationalen Stiftung Hochalpine Forschungsstationen Jungfraujoch und Gornergrat. |
1985 | Das 1 m Teleskop ‚Marly‘ wird deinstalliert und nach Lyon zurück transportiert. |
1986 | Das ‚I. Physikalische Institut der Universität zu Köln‘ errichtet eine neue Kuppel auf dem Südturm und installiert ein 3 m Radioteleskop (KOSMA für Kölner Observatorium für SubMillimeter Astronomie). |
1991 | Die Burgergemeinde Zermatt wird offiziell Mitglied der Internationalen Stiftung Hochalpine Forschungsstationen Jungfraujoch und Gornergrat. |
1996 | Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert einen neuen Reflektor für das 3 m Teleskop im Südturm für Wellenlängen ≤ 600 μm des Submillimeterbereichs. Die Oberflächengenauigkeit von 20 μm RMS des Reflektors erlaubt Beobachtungen im Frequenzbereich bis zu 900 GHz. |
1998 | Installation eines Detektors für solare Neutronen in einem Container-Labor auf der Belvédère Terrasse (Physikalisches Institut, Universität Bern und Solar-Terrestrial Environment Laboratory, Nagoya University, Japan). |
2001 | SMART, der weltweit erste dual Submillimeter SIS Empfänger, wird am KOSMA Teleskop in Betrieb genommen. |
2005 | Die Burgergemeinde Zermatt und die Gornergrat Bahn veranlassen die komplette Sanierung der Gebäude auf dem Gornergrat, um den Standort sowohl für Touristen wie auch für die Forschung attraktiver zu machen. TIRGO-Projekt endet. |
2010 | Das KOSMA-Projekt (Kölner Observatorium für Submm-Astronomie) endet. |