2024-12-06


Flasksampler on the Top

Am frühen Morgen des 22. Novembers 2024 ist es so weit: Betriebswart Thomas Furter nimmt die erste “offizielle” Luftprobe mit dem neuen ICOS-Flasksampler. Zuvor hat er die Terrasse des Sphinx-Observatoriums von Schnee freigeschaufelt, und anschliessend wird er seine täglichen Arbeiten in den Labors weiterführen – die Betriebswarte der Stiftung HFSJG (https://www.hfsjg.ch/de/startseite/) auf dem Jungfraujoch haben einen vollen Terminkalender. 

Forschung auf 3572 Metern Höhe über Meer: Das Sphinx-Observatorium und die Aussichtsterrasse auf dem Jungfraujoch (CH).

Der Atmosphäre auf der Spur

Mit dem neuen Gerät wird periodisch Luft aus der Umgebung des Jungfraujochs gesammelt. Später wird der jeweilige Anteil klimarelevanter Spurengase (CO2, CH4, N2O u.a.m.) dieser Proben ermittelt. Mit diesen Daten können die Zusammensetzung der Erdatmosphäre und insbesondere deren Veränderungen im Laufe der Zeit aufgezeichnet werden. Von grossem Interesse ist auch das Verhältnis zwischen radioaktivem und stabilem Kohlenstoffdioxid (CO2) in der alpinen Luft. Das radioaktive Kohlenstoffisotop 14C ist mit einer Halbwertszeit von unter 6000 Jahren in fossilen Stoffen wie Erdöl längst zerfallen. Die Konzentration dieses Isotops im CO2 unserer Umgebung lässt Rückschlüsse auf dessen Herkunft zu – etwa auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Die Analysearbeiten erfolgen in den Central Analytical Laboratories (https://www.icos-cal.eu/) der ICOS in Jena (https://www.icos-cal.eu/fcl) und Heidelberg (https://www.icos-cal.eu/crl) (DE).

Extreme Verhältnisse auf dem Jungfraujoch

Weltweit sind rund 40 solche Flasksampler im Einsatz. Die Stationen befinden sich zumeist in wenig besiedelten Gebieten, so auch auf dem Ozean und im tropischen Regenwald. Das Jungfraujoch ist der am höchsten gelegene Standort im ICOS-Netzwerk: Der Luftdruck beträgt hier lediglich 650 Millibar. Daher wird die Installation des Geräts von Richard Kneissl und Lars Borchardt vom Max-Planck Institut für Biogeochemie (https://www.bgc-jena.mpg.de/) (MPG) in Jena begleitet.

Von der Strasse auf die Schiene – Grindelwald Grund ist die letzte Umsteigestation auf dem langen Weg.
Mit der Seilwinde von der Terrasse ins Labor.

Eine abenteuerliche Reise

Im MPG entwickelt und produziert, gelangt das Gerät zunächst zur Universität Bern, wo es im Labor der Abteilung Klima- und Umweltphysik (https://www.climate.unibe.ch/) getestet und erneut versandfertig gemacht wird. Nach einem Zwischenhalt in Grindelwald Grund befördern es die Jungfraubahnen schlussendlich aufs Jungfraujoch. Doch die grösste Herausforderung steht noch bevor. In dem 1937 fertiggestellten Sphinx-Observatorium sucht man vergebens nach einem Warenlift. Vielmehr wird der Flasksampler, wie andere Geräte auch, unter Anleitung von Betriebswart Erich Furrer mit einer Seilwinde von der Touristenterrasse aus ins Labor im ersten Stock befördert. Eine solche Aktion kann nur ausserhalb der Besuchszeiten der Anlage stattfinden, und auch das Wetter muss mitspielen. Umso grösser die Freude, als der Flasksampler wie geplant am 13. November an den Lufteinlass angeschlossen werden kann. Nebenbei: Die zu untersuchende Luft wird auf dem benachbarten Mönchsgrat eingesogen, einem Standort, der nur von Personen mit Kletterausbildung besucht werden darf.

Das neue Gerät hat alle Tests bestanden! V.l.n.r: Thomas Furter, Betriebswart HFSJG, Richard Kneissl, Ingenieur MPG, Monika Hager, Technikerin HFSJG, Lars Borchardt, Labortechniker MPG.

Regelmässige Luftproben für die ICOS

Mittlerweile finden alle drei Tage automatische Probenahmen statt. Die Stiftung HFSJG ist stolz, mit dem Jungfraujoch als ICOS-Atmosphärenstation der Klasse 1 zur Klimaforschung beizutragen.